Leben & Erleben

Der Biber in Dieburg 


Eigentlich ist es eine gute Nachricht für Dieburg: Der Biber taucht im wahrsten Sinne des Wortes immer öfter in der Gersprenzstadt auf. Zwar wurde er bislang noch nicht allzu häufig gesehen, doch die Spuren, die der Nager im Stadtgebiet hinterlässt, sind inzwischen deutlich erkennbar. Beginnend im Süden am städtischen Sportplatz, durch den Schlossgarten und die Innenstadt bis zur Mörsmühle hat sich der Nager an beiden Seiten der Gersprenz und am Glaubersgraben zu schaffen gemacht. Das zeigt sich durch markante Verbiss-Spuren an Bäumen, angehäuftes Ast-Material und so genannte Schlammrutschen, die der Biber anlegt, um vom Ufer ins Wasser zu gelangen. Gut sichtbar sind aktuell zwei Weidenbäume unweit des Sportplatzes am Schlossgarten, an denen die kräftigen Nagezähne bereits die typische „Sanduhr-Form“ hinterlassen haben. 

Der Biber ist streng geschützt

Die Gersprenz ist eines von vielen hessischen Gewässern, an die der Biber im Laufe der vergangenen Jahre zurückgekehrt ist. Gut für die Natur, denn der fleißige Wasserbauer, der mit einer Gesamtkörperlänge von bis zu 1,30 Meter das größte heimische Nagetier Europas ist, ist eine Schlüsselart für mehr Biodiversität an Bächen und Flüssen: Indem er Wasser anstaut und Bäume fällt, gestaltet er quasi als „Ökosystem-Ingenieur“ neue Kleinstlebensräume, wodurch der Artenreichtum gefördert wird. Viele Pflanzenarten, Amphibien, Wasserinsekten und auch Vogelarten wie Storch oder Eisvogel finden in diesen naturnahen Auen verbesserte Lebensbedingungen vor. Auch auf den Wasserhaushalt haben die Aktivitäten des Bibers positiven Einfluss, weil ihre Dämme selbst in Trockenperioden einen guten Wasserrückhalt in der Landschaft bewirken – und sogar bei Starkregen helfen können, Hochwasser abzumildern. 

der Biber
Der Biber fühlt sich auch in Dieburg wieder vermehrt heimisch. Foto: Pixabay

Bei all diesen ökologischen Vorteilen kommt es allerdings auch immer wieder zu Konflikten auf Flächen, auf denen sich der Biber ansiedelt: Während man dem „Baumeister der Natur“ außerhalb von Ortschaften oft freien Lauf lassen kann, verursacht er in Siedlungsräumen, im Umfeld von Kläranlagen und auf landwirtschaftlichen Flächen oft ernsthafte Probleme. Dann muss gehandelt werden,  allerdings nur in enger Abstimmung mit den Biber-Experten des Landes Hessen – denn der Biber zählt zu den besonders und streng geschützten Tierarten und darf weder gestört, noch bejagt werden. Auch seine Biberdämme, -burgen, und -baue dürfen nicht entfernt oder beeinträchtigt werden. 

Was tun, wenn Probleme entstehen? 

Falls Probleme in einer Kommune entstehen, erarbeitet das Land Hessen über sein Bibermanagement mit den Beteiligten vor Ort auf den Einzelfall bezogene Konfliktlösungen. Dabei sind die Ansprechpersonen, mit denen auch die Stadt Dieburg zusammenarbeitet, die sogenannten „Funktionsbeschäftigten Naturschutz“ am Forstamt Darmstadt. Die ausgebildeten Biberberaterinnen und -berater informieren und unterstützen, koordinieren erforderliche Maßnahmen und beteiligen je nach Fall auch die Obere Naturschutzbehörde sowie die Untere Naturschutz- und Wasserbehörde. In Dieburg mussten in der jüngeren Vergangenheit im Innenstadtbereich bereits vom Biber „bearbeitete“ Bäume gefällt oder auf höheren Stock gesetzt werden, weil ihre Standfestigkeit gefährdet war. 

Bäume an der Gerpsrenz
Bei den Weidebäumen an der Gersprenz sind die Abdrücke der Biber-Zähne gut zu erkennen. Foto: Stadt Dieburg

So wie aktuell die zwei Weiden am Sportplatz, von denen ein Teil des Stammes stehengelassen wurde – so dass der Biber seine „Arbeit“ fortsetzen kann. „Wichtig ist es, die gefällten Bäume möglichst als Nahrungsdepot vor Ort zu belassen, ansonsten ist schnell der Nachbarbaum an der Reihe“, erklärt Stadtgärtner Dirk George, der in Dieburg die Biber-Aktivitäten im Blick behält. Falls sich durch einen Biberbau zu viel Wasser anstaut, kann gemeinsam mit den Biber-Experten Abhilfe geschaffen werden, indem etwa eine Dammdrainage errichtet und so der Durchfluss hergestellt wird. Nicht zuletzt kann auch präventiv gehandelt werden: Wenn der Verbiss am Baum noch nicht zu groß ist, kann mit einem Drahtgeflecht am Stamm ein Baumschutz angebracht werden – wobei auch hier die Nachbarbäume nicht vergessen werden dürfen.

Warum der Biber Bäume fällt
Warum macht sich der Biber eigentlich so an Bäumen zu schaffen, dass sie am Ende umstürzen? Die Antwort ist ganz einfach: um an Nahrung zu gelangen. Außerhalb der Vegetationsperiode beginnen die Biber im Spätherbst, vermehrt Gehölze zu benagen und zu fällen, um an die jungennahrhaften Triebspitzen und Äste der Baumkronen zu gelangen. Ab dem Frühjahr werden die Bäume dann wieder weitestgehend verschont, weil genügend Nahrung vorhanden ist. Das harte Holz verwenden die Biber zur Errichtung von Staudämmen und ihrer typischen Biberbaue. Diese können manchmal wie achtlos hingeworfenes Schnittgut wirken und befinden sich stets in direkter Gewässernähe, die Höhlen und Eingänge im Uferbereich. Bei der Wahl der Bäume hat der Biber unterschiedliche Vorlieben, fällt bevorzugt Weichhölzer wie Pappel, Weide, Schwarzerle, Obstgehölze und Haselnuss, während Nadelhölzer eher gemieden werden. Seine scharfen Zähne sind bis zu 3,5 Zentimeter lang, wachsen rund einen Zentimeter pro Monat nach und nutzen sich im gleichen Maße ab – somit sind sie stets einsatzfähig. So selten zu Gesicht bekommen Menschen den Biber übrigens, weil er meist in der Dämmerung und nachts aktiv ist, seinen Bau am frühen Abend verlässt und in den frühen Morgenstunden zwischen drei und sechs Uhr zurückkommt.

Ein Biber an der Gersprenz in Dieburg (©Stefan Franke):

INFOS & KONTAKT:
Wer Probleme mit dem Biber in Dieburg hat, kann sich mit Dirk George bei der Stadtverwaltung Dieburg in Verbindung setzen (06071/2002-211) oder wendet sich direkt an die Funktionsbeschäftigten Naturschutz (FN) beim zuständigen Forstamt Darmstadt (www.hessen-forst.de) oder den Bibermanager der Oberen Naturschutzbehörde im Regierungsbezirk Darmstadt