Leben & Erleben, Spielplätze

Schnelle Hilfe, wenn die Worte fehlen 


Wie es ist, nicht auf seine Bedürfnisse aufmerksam machen zu können – das mag sich kaum jemand vorstellen. Für Betroffene von autistischen Erkrankungen gehört diese Erfahrung zum Alltag. Besonders Kinder, die etwa vom sogenannten Angelman-Syndrom betroffen sind, haben es schwer, sich zu artikulieren. Das macht sich nicht nur im täglichen Miteinander mit den Eltern oder in Kita und Schule, sondern auch auf dem Spielplatz im Umgang mit Altersgenossen bemerkbar. Um betroffenen Kindern auf öffentlichen Spielplätzen die Kommunikation zu erleichtern, hat der Verein „Angelman e.V“ zu seinem 30-jährigen Bestehen eine sogenannte Kommunikationstafel entworfen, von denen 30 Stück kostenfrei an Kommunen in ganz Deutschland weitergegeben wurden. Eine der Tafeln hat nun auch in Dieburg einen Platz gefunden – dank der Initiative von Mercedesz Györi, die selbst ein betroffenes Kind mit einen seltenen Syndrom hat, das dem Angelman ähnelt, und daher Mitglied im Verein ist.

Selbsterklärende Symbole

Auf dem Spielplatz „Am Wall“ unweit des Fechenbachparks können betroffene Kinder auf der Kommunikationstafel ganz einfach auf ein passendes Bild zeigen, wenn ihnen die Worte fehlen. „Es gibt so viele Situationen, etwa wenn sich ein Kind verletzt und ein Pflaster benötigt, in denen sie die passenden Worte nicht aussprechen können“, erklärt Mercedesz Györi, die als Musikpädagogin auch in der Therapie mit Betroffenen arbeitet. In einem solchen Fall lässt es sich leichter auf das Pflaster-Symbol auf der Kommunikationstafel zeigen, als verzweifelt nach den richtigen Worten zu suchen. Auch wenn ein KInd friert oder es zu warm ist, beim Schaukeln angeschubst werden oder einfach nur nach Hause möchte, ist das passende Symbol auf der Tafel schnell gefunden – „unterstützte Kommunikation“ nennt sich das. Der Vorteil: Angelman-Patienten kennen die Bilder aus ihrem Alltag, da es sich hier um einheitliche sogenannte „Metacom-Symbole“ handelt, die selbsterklärend und somit auch für diejenigen eindeutig zu verstehen sind, die noch nichts von der Bedeutung der Symbole gehört haben. 

Unterstützte Kommunikation

„Wir haben diese Symbole als unterstützte Kommunikation mittels elektronischer Hilfsmittel wie etwa einem Tablet zuhause von Anfang an zum Einsatz gebracht – und das hat sich sehr bewährt“, berichtet Mercedesz Györi aus der Erfahrung mit ihrem Sohn. Doch wenn beim Spielplatz-Besuch kein Tablet greifbar, die Schulklasse gemeinsam unterwegs ist – dann kann eine solche Tafel wie auf dem Dieburger Spielplatz helfen. „Es ist perfekt, wenn man gerade nichts in der Hand hat“, weiß Mercedesz Györi. Der Spielplatz „Am Wall“ wurde nicht zuletzt wegen der Nähe zur Gustav-Heinemann-Schule, zur Anne-Frank-Schule, aber auch zum Seniorenzentrum ausgewählt. Auch für angehende Pädagoginnen und Pädagogen der Landrat-Gruber-Schule könnte die neue Tafel ein Anlass sein, sich mit dem Thema „unterstützte Kommunikation“ zu befassen. Und auch für Geflüchtete, die noch nicht so gut Deutsch sprechen, ist die Tafel eine gute Möglichkeit, sich zu artikulieren – wenn die Worte einmal fehlen.

INFO:
Der Angelman e.V. ist ein Selbsthilfeverein von Eltern für Eltern, deren Kinder mit dem Angelman-Syndrom (AS) geboren wurden. Der Verein wurde 1993 gegründet und hilft Eltern mit Angelman-Kindern die Diagnose besser zu verstehen, sie zu akzeptieren und den Alltag mit einem „Angel“ neu zu gestalten. Bei AS handelt es sich um die Folge einer angeborenen seltenen genetischen Veränderung auf dem Chromosom 15. Charakteristisch für das Angelman-Syndrom ist eine starke Verzögerung der körperlichen und geistigen Entwicklung und einer stark reduzierten Lautsprachentwicklung.